Ein Großteil der über 2300 Gemeinden Österreichs steckt in finanziellen Problemen und muss zumindest in den nächsten Jahren massiv sparen. Bis zum Jahr 2014 sollen Österreichs Kommunen beinahe 1,5 Milliarden Euro fehlen. Gleichzeitig wird auf Bundes- wie auf Landesebene nach wie vor massiv Geld in den Ausbau so genannter hochrangiger Straßen gepumpt, der die Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Zentren weiter beschleunigt. Die übergeordnete Raumplanung hat den Genehmigungen auf Gemeindeebene wenig entgegenzusetzen. Die Widmungspolitik der vergangenen Jahrzehnte vieler Gemeinden in Österreich hat den übergeordneten Raumordnungen der Länder widersprochen und verursacht enorme Kosten. De facto wurde die Raumplanung durch die Gemeindepolitik bestimmt. Wirksame Sanktionsmechanismen der Länder fehlen oder wurden nicht angewendet. Die Kosten für den Betrieb von sozialer Infrastruktur (Heimhilfen, Schultransport, etc.) in Gemeinden mit Streusiedlungen können beispielsweise bis zu 20mal höher sein, als bei kompakten Siedlungen.
Die Verkehrspolitik in Österreich wird heute durch Projektierung anstatt durch Planung bestimmt. Konzepte, die die sich verändernden Rahmenbedingungen der Zukunft, wie Ressourcenknappheit, Klimawandel und steigende Energiepreise berücksichtigen und daraus klare Ziele und Maßnahmen für eine Änderung der Strukturen ableiten, um damit zu einer Verhaltensänderung der Verkehrsteilnehmer führen, fehlen. Konkrete Zielwerte, wie beispielsweise eine Erhöhung der Verkehrsmittelwahl (Modal-split) im Umweltverbund bis zu einem vorgegebenen Zielzeitpunkt sucht man vergebens.
Alle Ausgaben, die heute noch für den Ausbau von Straßen getätigt werden, passen in alles andere als in das Anforderungsprofil zukünftiger Ansprüche. Die Bewertung von Investitionen in Infrastrukturen mit einer Lebensdauer von 40-60 Jahren muss mit der Entwicklung der Rahmenbedingungen abgeglichen werden. Anstelle beispielsweise des Ausbaus der Achse S36/S37 müssten deshalb Maßnahmen zur Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs umgesetzt werden, um strukturgleiche Gemeinden zu vernetzen, anstatt kleine Gemeinden an größere anzuschließen, wie es die Dogmen der Raumordnung jahrzehntelang unter dem Paradigma der Erreichbarkeit gepredigt haben. Insbesondere in den Städten Klagenfurt und Villach besteht erhebliches Potenzial an Radverkehr, das aufgrund fehlender Infrastruktur (noch) ungenutzt bleibt. Wesentliches Element zur Stärkung und Aufrechterhaltung der Bindungskraft der Gemeinden bleibt der Fußgeher- und Radverkehr. Es braucht deshalb eine klare Prioritätenreihung bei der Planung zugunsten dieser effizientesten und zukunftsfähigsten Formen der physischen Mobilität. Nach über 60 Jahren massiver Förderung der Automobilität mit allen ihren dramatischen negativen Konsequenzen auf den Ebenen der Sozial-, der Wirtschafts-, und der Umweltpolitik ist ein Umdenken aller Entscheidungsträger unumgänglich. Dies gilt auch für die Wissenschaft und dem Aufgeben teilweise längst überholten Mythen.
Die Schulden, die heute für eine falsche Verkehrspolitik und insbesondere auch ihrer Auswirkungen in Kauf genommen werden, sind der Ballast auf den Schultern aller zukünftigen Generationen. Diese werden eine schwere Last zu tragen haben und die Frage nach der Verantwortung stellen. Nicht nur in der Steiermark und in Kärnten.